Kratzen an zu Guttenberg

Der Aufstieg des telegenen, charismatischen, dynamischen, jungen Adligen, der einen neuen Politikstil verkörpern und für frischen Wind soll, kann der Cheffin natürlich nur solange gefallen, solange sie nicht plötzlich in seinem Schatten steht. Merkel hat mit ihrer Politik des schlichten Phrasendreschen, des Ins-Messer-Laufen-Lassens von Parteikollegen und des Irgendwie-alles-darstellen-Wollens prinzipiell zwo Gegner: 1. den aufgeklärten Bürger und 2. einen Charismatiker – wie eben zu Guttenberg. Es ist nicht so, dass zG bis dato irgendetwas geleistet hätte, er eine imponierende Vita vorlegen könnte, sich jemals für irgendetwas einsetzen musste, es ist noch immer ein Rätsel, wie er überhaupt in die Führungselite empordringen konnte, aber das macht in der Mediokratie von heute ja nichts, denn hier zählt das Image, die Optik, also die Verpackung, nicht aber der Inhalt.

Der Tanklaster-Skandal von Afghanistan bedeutete letztlich das Ende der politischen Karriere von zu Guttenbergs Vorgänger Franz Josef Jung, der eigentlich schon mit der Aufdeckung des CDU-Parteispendenskandals anno 1999 sich demütig samt Kiep, Schäuble und Kohl hätte hinter Schwedische Gardinen begeben müssen, doch an zu Guttenberg prallte fortan jede Kritik ab, besser gesagt: sie glitt ab.

K.T.M. N.J.J.P.F.S. Freiherr zu Guttenberg, ein Experiment der altdeutschen Version des Kevinismus, ist der Medienstar schlechthin. Mit den Hufen scharrend grummeln selbst Lafontaine, Gysi und Zensursula, die ja zu alledem auch keine Steffanie an ihrer Seite haben, und bis dato war das auch gut für die Kanzlerin: Schäuble wurde ins Finanzministerium geschoben (mit Geld kennt er sich aus), Zensursula von einer noch weiblicheren Frau ersetzt, die nun auch schwanger ist (fraglich bleibt jedoch, ob es mal 7 Kinder werden) und mit zG wird auch der ewige Rivale Horst Seehofer in mitten seiner CSU gut beschäftigt. Alles pro Merkel also, doch zG wurde irgendwann einfach zu populär und da kommt der Gorch-Fock-Skandal natürlich wie gelegen: bei GMX prangt schon die Frage „Ist zu Guttenberg noch zu halten“, denn der aktuelle Wehrbericht zeichnet kein gutes Bild über die Verfassung der Bundeswehr, und so wird gekratzt, am Strahlemann. Nicht, dass zG rein gar nichts für die Zustände auf der Gorch Fork könne, nicht dass zu Guttenberg noch nichtmal Zeit hatte, auch nur kleinste Dinge innerhalb der Bundeswehr zu ändern, aber das macht nichts: die Kanzlerin darf genüsslich zuschauen, wie das neue Idol erste medienwirksame Kratzer abbekommt. Vielleicht hätte er auch mal ohne Kameras und ohne Steffi die Jungs in Afghanistan besuchen sollen, vielleicht auch mal Nägel mit Köpfen produzieren müssen, vielleicht der FDP die Idee der Aussetzung der Wehrpflicht nicht in Gänze stibitzen dürfen … „Ein Licht ist nur solange im Fokus, solange es Strom bekommt!“