Chemiestudenten …

Es gibt in der Leipziger Studentenclublandschaft einen Club, der schon über 25 existiert, der ein Klassiker ist, ein gemütlicher Ort, wo ich viele schöne Abende verbracht habe, dessen Personal ich seit langem kenne und wo eigentlich (fast) immer alles glatt lief. Doch die junge Besatzung steuert das alten Schiff gen Skylla und Charybdis.

Mitte Mai wurde in Zusammenarbeit mit dem Studentenwerk eine Wohnheim-Party veranstaltet, es gab Gutscheine für Neueingezogene, es gab eine Tombola, Leckeres vom Grill und alkoholische Flüssigkeiten in Mengen. Da nun natürlich die Lärmschutzbestimmungen beachtet werden sollten, wurde gesagt: „Klar, ab 22 Uhr machen wir leiser“. Um kurz nach halb 1 wandelte ich zum Veranstalter und machte ihn auf sein Versprechen aufmerksam.  Sogleich fing er an zu jammern, dass die Party doch auch fürs Wohnheim wäre, dass ihn die Beschwerden ankotzen würden, dass es doch nur ein mal im Jahr vorkommen würde und überhaupt, der Club mache ja so viel fürs Wohnheim. Wie so üblich waren zu dieser Zeit nur noch die Stammgäste da, alle natürlich gut abgefüllt, die Clubmitgliede ebenso, laut am Gröhlen, die Musik machte Unterhaltungen auf mehr als 50cm Distanz unmöglich- kein Wunder also, dass es Beschwerden gb und kaum ein Wohnheimler Bock hatte, die Veranstaltung zu besuchen, auch weil ein simples Steak in Toastbrot 2€ kostete (EK = 70 Cent).

Es dauerte nicht lang, da veranstaltete der Club zusammen mit der Fakultät eine abermalige Party. Das Schema wurde beibehalten, nur eben ohne Gutscheine und Tombola, also  nur mit Saufen und Fressen, dafür aber mit einer noch lauteren Anlage. Von mittags halb 2 bis nachts um 2 ging die „Party“, natürlich wieder mit Gröhlen, Alkoholleichen und vielen Beschwerden. Die Unterhaltungsdistanz lag bei geschätzten 10cm.

Wiederum vergingen nur wenige Wochen und es fand eine Doktorantenfeier statt, direkt im und am Club. Die Lautstärke war abermals mehr als  unangenehm und als halb 1 Uhr nachts Blitzknalle flogen undSilvesterraketen abhoben, auf Fensterbrettern des WHs explodierten, rief ich die Polizei an. Ich war nicht der erste oder einzige, der dies tat, dennoch erschien die Polizei nicht. Bis halb 3 wurde heftig gefeiert.

Eine Woche später feierte ein Doktorant eine Privatparty im und am Club, bis zu 30 Gäste waren da, des nächstens halb 3 schlurfte ich hinaus und beschwerte mich nachdrücklich. Es war kein einziges Clubmitglied da, die waren auf Sauftour, pardon „Clubfahrt“.

Die beim StWL eingegangenen Beschwerden und Schilderungen sorgten schnell für einen bösen Brief, die Stellungnahme des Clubchefs zeugteaber nicht von Einsicht, sondern von einem Igoranzniveau unglaublicher Höhe. Ihm seien keine Beschwerden bekannt, es würde alles normal laufen. Also wenn man denkt, dass Silvesterfeuerwerk, welches am WH gezündet wird, eine Soundanlage, die weithin über die Party hinaus zu hören ist und bis weit nach Mitternacht gröhlende Stammgäste „normal“ sind, dann sorgt man sich natürlich um den Geisteszustand der Verantwortlichen.

Seit letztem Jahr spart der Club einen ganzen Haufen Geld, weil das StWL viele Kosten übernimmt. Die Verkaufspreise des Clubs steigen permanent, der Alkohollevel der Mitglieder, auch des Ausschankes, wird ganz bewusst und permanent in unschöne Höhen getrieben. Der Club hat nicht einen Cent fürs WH gesponsored, tut aber doch sooo viel für die über 400 Mieter.

Am gestrigen Abend wurde nun zum x-ten Male bis weit nach Mitternacht rumgelärmt, Anwohner beschwerten sich über die Lärm- und Geruchsbelästigung (Grill, Rauch, Gras) und was wetten Sie, dass die Clubmitglieder samt Chef, der eh in einer eigenen Sphäre schwebt, von nix wissen werden? Früher gab es mal die Regel, dass jeder nur ein Jahr Chef, Kasse und Lager spielt, aber da der Lagerchef regelmäßig im Lager nächtigt, vom PC, samt Bier, bleibt er Chef, über Jahre hinweg. Die alte Besatzung unterhält nur noch Minimalkontakte zu neue, lässt sich kaum mehr sehen, viele ältere Semester reiben sich verwundert die Augen,was beim Club so „abgeht“ und ich … tja, ich habe wieder was gelernt: lass nie im Geiste infantile ans Steuer eines Traditionskahns.

MFG IVI