Nitro AX - ATX MidiTower im Härtest



PC-Gehäuse gibt es viele, in allen Farben, Formen, Preisklassen, mit und ohne Beleuchtung, mit und ohne Fenster, mit und ohne Frontklappe ... mit und ohne Hirn.

Testobjekt: Nitro AX Black
Formfaktor: ATX Midi-Tower
Hersteller: Pro Computers & Industrial Case Ltd
Preis: rund 60€


Sie kennen „Pro Computers & Industrial Case Ltd“ nicht? Ich auch nicht. Ist das schlimm? Nö. Die Abkürzung ist übrigens „PCI-Case“ ... lustig für alle Frischlinge, wo man doch eine AGP-Grafikkarte hat. Doch Schluss mit den Wortspielen, widmen wir uns dem Test.
Wenn Sie übrigens einen typischen, schleimigen, Blabla-Test lesen wollen, sind Sie hier falsch, da schauen Sie mal besser bei Caseumbau.de vorbei. Ich für meinen Teil wage es, mal einen Schritt weiter zu denken ... und zu basteln. Doch der Reihe nach.


Was macht ein gutes Gehäuse aus? Stabilität, Robustheit, gute Verarbeitung, viel Platz, ohne jedoch ein Raum-Fresser zu sein, Praktikabilität, hier und da ein nettes Gimmick und als Sahnhäubchen noch was fürs Auge. Der Nitro AX hat alle diese Anlagen in seinen Genen, doch wie auch beim Menschen, so wird nicht jede Sequenz der DNA umgesetzt. Über Optik lässt sich ja immer streiten, nein, eigentlich nicht, denn das Verständnis von Ästhetik und Schönheit ist rein subjektiv, und genau deswegen belasse ich es bei einem kurzen Kommentar: mir gefällt der AX, er ist weder zu auffällig, noch zu bieder, er hat eine angenehme farbliche Gestaltung und bei meiner schwarzen Version wirken die silbernen Akzente sehr modern, sehr stilsicher.
Anders sieht es aus, wenn es um die Technik geht, denn Lineal, Schrauben, Anzahl ... ja eben Mathematik und Physik gehorchen gewissen Gesetzen und wer schlampig vorgeht, wird bestraft. Üblicher Weise ist das Opfer natürlich der Kunde, nur kurz am Rande erwähnt.


Technische Daten:
Stahlblech / Lochblech / Aluminium (Applikationen) / Kunststoff
MoBo-Faktor: ATX / microATX
Slots: 5 x 5.25" (Front) + 2 x 3.5" (Front) + 5 x 3.5" (intern)
Frontpanel: Firewire, Audio Ports, 2 x USB
Abmessungen (Breite x Tiefe x Höhe): 290 x 500 x 550mm
Kühlung: ein 120mm temperaturgesteuerter Lüfter hinten, Air-Duct für CPU, Platz für 120mm Lüfter in der Front und einen 92mm Lüfter seitlich (unteres BlowHole)
Gewicht: 10,5 Kg

Test Im Großen und Ganzen also ein typischer Midi-Tower mit ausreichend Platz für aktuelle Systeme. Positiv natürlich, dass 120mm Lüfter von Hause aus unterstützt werden, ebenso dass es ein, ja sogar zwo seitliche BlowHoles gibt (direkte Frischluftzufuhr für CPU und Grafikkarte). Als besonders Gimmick ist das Frontpanel um 90° schwenkbar, also klassisch nach vorn und eben seitlich. Ebenso so „nett“ ist die Tür-Konstruktion, es ist nämlich ein Schienensystem vorhanden, welches es ermöglicht, die aufgeklappte Tür nach hinten zu schieben. Ärgerlich aber, dass die Tür (Chieftec und Co. lassen grüßen) nach links aufklappt. Da 90% der PC-Nutzer aber Rechtshänder sind und sehr sehr oft der PC rechts vom Nutzer steht, stört dies doch. Ist ein klassischer Kritikpunkt, den man aber nicht überbewerten sollte, wobei die Billigheimer von TechSolo, MS-Tech und LS-Tech aber zeigen, dass es auch anders geht.
Das linkte Seitenteil ist abschließbar, der Griff bequem zu bedienen, zwo Thumbscrews ermöglichen ein schnelles Öffnen. Das rechte Seitenteil besitzt leider keine solche Schrauben.
Die Verarbeitung ist durchweg auf hohem Niveau, nirgends stören scharfe Kanten, der Tower ist stabil, aber nicht klapper-sicher. Das rechte Seitenteil vibriert und schlägt an den Rahmen ... ärgerlich, aber auch kein Beinbruch, lässt sich ja einfach beheben (Schaumstoffstück sei Dank).
Die Halterung der 5 ¼ Laufwerke erfolgt über ein Schienensystem, welches spätestens seit dem Chieftec C601 Standard ist. Die Festplattenhalterung ist um 90° gedreht und (das ist sehr selten) erfolgt auch über ein Schienensystem, welches die Platte gleich noch entkoppelt (Lob an dieser Stelle). Für Netzteil, Mainboard, Lüfter, Kabel usw. ist genügend Platz, da kann man nicht meckern.
Ein separates Fan-Duct (leicht zu installieren) sorgt auf Wunsch für eine direkte Luftzufuhr zum CPU-Kühler, das zweite BlowHole sitzt sehr tief. Dies ist übrigens ein Tribut an den A64, dessen Mainboards eine recht zentrale Lage des Sockels aufweisen und an PCIe, wo zwo Grafikkarten (SLI) eben auch recht südlich angesiedelt sind. Auch hier ein dickes Lob. Es ist übrigens einer der Hauptgründe, warum ich mir diesen Tower gegönnt habe. Mein C601 kapituliert hier leider.
Ein weiteres, besonderes Feature ist der Mainboard-Schlitten, der aber kein Schlitten, sondern vielmehr ein Teller ist. Das Mainboard kann so außerhalb des Towers sicher angebracht, dann bequem eingebaut werden.
Als letztes Highlight ist sicherlich noch die CD/DVD-Klappe zu erwähnen, welche vor dem obersten Fronteinschub sitzt. Man muss die Tür nicht öffnen, um an seine CD/DVD zu kommen, eine kleine horizontale Klappe gibt auf leichten Druck der Schublade nach. Prima Sache das. Ich will gar nicht weiter auf Details eingehen, Bilder gibt’s beim Hersteller und in diversen Tests:
Hersteller
Tweakers4U.de
allround-pc.de

... denkfaule Designer
Doch wo Licht, da auch Schatten ... und nun zu den Aspekten, die mich wirklich stören.
Der verbaute 120mm Lüfter ist eine Gurke, sorry für den Ausdruck, aber er vibriert selbst bei 7V noch heftig, surrt und klackert gemütlich vor sich hin. Die Anlaufspannung beträgt übrigens 8V (gaaanz clever Jungs!). Meine Vermutung: Produktionskosten 10 Cent.
Ganz und gar nicht zufrieden darf man darüber sein, dass die Montage eines 120mm Lüfters in der Front von Hause aus nicht möglich ist, es fehlen einfach die passenden Schrauben. Wenn man also nicht zu Klebstoff greifen will, muss man sich vier 30mm M4 Schrauben zulegen.


Die CD/DVD-Klappe macht nicht nur Probleme mit SlotIn-Laufwerken (sie gibt nicht nach, nützt also nichts), sondern verhakt auch gern, da anstelle von Klebstoff dummer Weise 4 Schrauben verwendet wurden, welche die Schublade frühzeitig Stoppen. Auf Dauer tut das der Schubladen-Mechanik natürlich nicht gut. Was aber noch schlimmer ist: die Laufwerksschublade kann nicht wieder einfahren, weil sie an der Klappe hängen bleibt (roter Kreis). Ja hat das denn keiner auch nur einmal getestet???



Apropos „nicht gut“. Wer an Schalldämmung denkt, bekommt einige Probleme. Auf Grund des Mainboard-Tellers mussten zusätzliche Streben verbaut werden, damit diese richtig stabil sind, wurden die Kanten abgeknickt, leider sind die Kanten nun so hoch, dass Dämm-Matten über 1mm Dicke (was ja schon viel zu dünn ist), das gescheite Schließen des rechten Seitenteils einfach unmöglich machen. Auch sind um die Lüfter, an den BlowHoles und in den Ecken einige Stellen, die eine echte Pfriemelarbeit erfordern. Es heißt also: Basteln, Basteln, Basteln.



Es sei noch kurz erwähnt, dass meine Dämm-Matten 8mm dick sind … und sie dürfen keinen Tick dicker sein, sonst bekommt man den MoBo-Teller gar nicht mehr fest, er sitzt nämlich unten auf.

So interessant das drehbare Frontpanel auch ist und so kreativ die Designer auch waren, so schlampig aber die Anschlüssen: wer auf Firewire und Front-Audio verzichten will, somit auch zwo Kabel sparen möchte, kann diese leider nicht einfach so abziehen, es gibt nämlich keine Stecker. Das heißt: entweder überflüssigen Kabelsalat hinnehmen oder die Schere ansetzen. Garantie? Was ist das?

„Was zum Teufel ist das“ war übrigens auch der Gedanke bei diesem Kabel:


Es ergibt einfach keinen Sinn. Es geht ins Nirgendwo. Es hat NULL FUNKTION ... es ist auch im Handbuch nicht erwähnt. Auch nicht online. Es passiert nix, wenn man es anschließt. WTF?

„WTF“ bringt mich dann auch gleich zum Mainboard-Teller: was soll der? Wieso nicht ein Schlitten? Warum so ein zusätzliches Teil, welches irgendwie keinen Vorteil bringt? Haben Sie schon mal ein Mainboard beim Einbau zerbrochen? Der Teller ist mit zwo lächerlichen Schrauben am Gehäuse befestigt, ihn einzupassen ist keinen Fatz einfacherer, als ein herkömmlicher Einbau. Und wer jetzt denkt "ui, passt das mit der Backplate eines A64-Boards?" dem sei gesagt: Ja - und es ist nicht mal ein Millimeter Spielraum vorhanden.



Ich frage mich auch, warum auf den Entkopplungspuffern der Festplattenhalterung kleine Metallplättchen sitzen. Die braucht keiner! Die stören! Die lösen sich ab!

Ich habe mich ja Eingangs über die beiden BlowHoles gefreut, doch zu früh. Denkt man an Schalldämmung, so steht man vor dem Problem, dass die Klebeflächen der Matten nicht nur durchs Lochblech scheinen, sondern Staub natürlich magisch anziehen. Zu allem Überfluss kann man den Lüfter auch gar nich mal eben so anbringen, es fehlen schlicht Bohrungen, Löcher, Adapter oder was auch immer.



So ein Fan-Duct kann eine tolle Idee sein, vor allem wenn man Direktkühler verwendet (Zalman CNPS7000/7700 und Co. lassen grüßen), für Tower-Kühler (und das sind nun mal aktuell die besten) ist es aber ein nutzloses Gimmick, denn selbst kleine Vertreter der Spezies (HT101 z.B.) passen dann nicht mehr. Das Fan-Duct ist einfach zu tief, zu lang, wie auch immer Sie es nennen wollen. Es bleibt also nur das Anbringen des Lüfters direkt am Lochblech (wenigstens kann man sich aussuchen, wo genau man dies tun will), aber selbst das klappt nicht imme. Hat man einen Giganten (Vanessa L-Type, Sonic Tower usw.) klappt auch das nicht, dazu ist der Tower einfach zu „schmal“. Und wieder denke ich an mein „T.T. Concept“ ... doch dazu ein Andermal.

Ganz mies sieht es übrigens auch für Lüftersteuerungsbesitzer aus, denn auf Grund der Schienen in der Fronttür, ist einfach kein Platz für Drehregler.


Warum hier nicht einfach zwo Streben verbaut wurden, verstehe ich nicht. So hätte man wenigstens nur zwo Einschübe verloren.

„Schiene“ ist soweiso ein Begriff, den PCI Case nicht ganz kappiert hat, denn die Befestigung der 5 1/4“ Laufwerke erfolgt über einzeilige Schienen … nicht wie bei Chieftec und Co. über zweizeilige. Somit kann ich meine Lüftersteuerung nur mit zwo Schrauben befestigen, was für eine Drehbewegung und wenig Stabilität sorgt.


Wie oben schon angesprochen, muss man das Klappern des rechten Seitenteils bekämpfen, kleine Reste der Schalldamm-Matten tun dies sehr gut:






Fazit:
Der Nitro AX hat einige interessante Ideen, aber der Gedanke, dass die Designer viel zu früh ihr Denken eingestellt haben, wiegt schwer. Wer nicht basteln will, ist mit dem AX sehr gut bedient (Preis ist ja auch OK), wer aber höhere Ansprüche hat, verbringt gleich mal mehrere Stunden mit dem Modden. Die CD/DVD-Schublade sorgt zu gern für Ärger, die fehlenden Schrauben für den Front-Lüfter freuen den Baumarkt um die Ecke, der Mainboard-Teller lässt den Nutzer grübeln. Eins aber steht ganz klar fest: wenn man den Tower voll mit Lüftern bestückt, ist die Kühlleistung wirklich erstklassig (Vergleich zum C601: 2°C CPU-Tempo und 3°C Mainboard-Temp bei meinem System). Wäre der Tower nicht so schwer und hätte er einen Griff, wäre er prädestiniert für LAN-Fans. So aber bleibt ein Tower, den ich gerade so auf meine Bedürfnisse trimmen kann, der dem Normal-User aber zu viel Arbeit und Ärger bereitet. Da hilft auch der faire Preis von 60€ nichts.
Daher: Nachsitzen liebe Designer! Schnappt euch eine Kanne Kaffee und denkt noch mal ganz scharf nach!


MFG IVI


Zum Schluss noch zwo Impressionen: Nitro AX mit 120er Revoltec DarkBlue:




PS: wenn ich meine Erfahrungen mit dem Test von Allround-PC vergleiche, frage ich mich, wie viel Geld PCI-Case wohl bezahlt hat …


Nachtrag: die "WTF" Anschlüsse sind für eine bei PCI-Case erhältliche Beleuchtung "Optional extra CCFL light infront panel " (klick mich - Dank an MIAL für den Tipp :)