Hannes ist ein absolut liebenswürdiger Mensch, den muss man einfach mögen, geht gar nicht anders. Er ist der Prototyp eines "guten Menschen". Das Leben hat ihm einige Male recht übel mitgespielt, aber Hannes ließ sich nie unterkriegen. Hannes, wie so viele Mittzwanziger, hat schon einiges erlebt und dennoch ist er voller Hoffnung und Lebensmut. Der frühe Tot seines Bruders hat ihn schwer getroffen. Heiko war so etwas wie sein Vorbild, der "große Bruder" mit dem man "Pferde stehlen" konnte. Das taten die beiden auch, nämlich Schaukelpferde von einem Privatspielplatz in Berlin. Kurze Zeit später tauchten diese Spielzeuge in einem Potsdammer Waisenhaus auf. Gespendet von "H&H Anonym", mit dem Vermerk "Ihr braucht die Pferdchen mehr als die neureichen, verzogene Kids aus Zehlendorf". Hannes hat nach der Scheidung seiner Eltern noch einen Nackenschlag bekommen, nun hatte er gar kein männliches Vorbild mehr. Im Gegensatz zu vielen aber suchte sich Hannes Vorbilder aus, die, naja, eben "vorbildlich" sind. Dank Jesse Owens ging Hannes in einen Leichtathletik-Verein, dank Wittgenstein, Grass und Brandt beschäftigte er sich mit Philosophie, Literatur und Politik und weil Hannes Beethoven mochte, nahm er Klavier-Unterricht. Dafür allerdings hatte Hannes null Talent, machte aber nichts, er stieg aufs Keyboard um, das Teil, was am PC hängt. Seitdem schreibt er Programme in Rekordzeit, hilft bei PC-Probs und arbeitet in einem kleinen Computer-Shop hier in Leipzig. Hannes hat natürlich auch eine Hauptbeschäftigung: "Nettsein". Ganz nebenbei studiert er noch Politikwissenschaften, Soziologie und Germanistik. Warum er trotz seiner Begabung kein Informatik studiert, versteht keiner. Doch zurück in die Vergangenheit: ich kenne Hannes schon seit der Schulzeit, er war kein Streber oder Genie, er machte, was zu tun war. Er kassierte nie eine 5 oder gar 6, machte meist seine Hausaufgaben und lernte, wenns nötig war, auch die unsinnigsten Sachen. Er war aber kein Mitläufer: als meine Freunde so mit 15 anfingen zu rauchen, setzte sich Hannes an den PC, surfte ein paar Stunden, verfasste ein "Report" und verteilte diesen auf dem Schulhof. Er schrieb wieviel Geld man ausgibt, wie es mit Gesundheit und Sterblichkeit aussieht, was die (Neben-)Wirkungen sind und Rauchen nicht "cool" ist. Es hörten zwar nur 2 Mädchen mit dem Quarzen auf, aber seien wir mal ehrlich: wer kann eine solche Statistik schon vorweisen? Als eine Klassenkammeradin extreme Probs in Mathematik hatte, setze er sich hin und gab ihr Nachhilfe. Madleen hat dann tatsächlich ihr Abi geschafft. Hannes ist kein Frauentyp, zu "nett", eher der "Kumpel" und "Tröster". Auf einer Party nach dem Abi entschieden sich einige der jungen Damen mal "etwas mehr Alkohol" zu trinken. Mädel werden dann immer recht rührseelig und "schmusebedürftig" und da das Verhältnis an Damen und Herren 50:50 war, blieb zum Schluss nur einer übrig: Hannes. Anstatt nun aber die leicht enthemmte Dame auszunutzen (sie war mächtig am "anbaggern"), blieb Hannes seinem Vorsatz treu "ich nutze niemanden aus". Als Hannes selbst auf die eindeutigsten Avancen nicht reagierte, blies Anne zum Sturm "Kann ich heute Nacht bei dir pennen?" Hannes, vom Ginger-Ale-Vodka doch etwas angetüdelt antwortete sogleich "Klar, kein Problem". Ruhe im Raum. Sollte er tatsächlich? Er? Unser Hannes? Doch ein Mann? "Ich habe eine große Luftmatratze, da kann ich drauf schlafen. Ich beziehe noch schnell das Bett neu und dann kannste dort schlafen". Ruhe im Raum. Ungläubiges Staunen. Die urplötzlich wieder bei Besinnung befindlichen Damen erhoben sich von ihren "Kerlen", gingen zu Hannes und umarmten ihn. Da Hannes in den Ferien arbeiten ging und mit seinem Geld gut haushalten konnte, war es ihm möglich, sich kurz nach seinem 18. Geburtstag Führerschein und einen Gebrauchtwagen zu kaufen. Zwar nur einen kleinen Renault Clio, aber egal. Es war sein Auto, bezahlt von seinem Geld. Sogleich leistete sich Hannes ein CD-Autoradio. Eingebaut, getestet, bumm. Das Ding hatte einen Defekt, zerbröselte nicht nur sich selbst, sondern auch eine Reihe von Sicherungen und Schaltkreisen. Reparaturkosten: 400 Märker. Eine Woche später war wieder alles in Ordnung, Hannes fuhr uns in die Disco, wie tranken Bacardi, er Orangensaft. Als wir gegen 3 Uhr in der Früh zum Auto kamen, war die Seitenscheibe eingeschlagen, das Radio geklaut, obwohl kein Bedienteil dran war -> für den Dieb ergo nutzlos. Reparaturkosten 500 Mark. Wir legten zusammen und kauften Hannes ein neues Radio, kein toller, aber ein gutes. Hannes fuhr mit dem Clio insgesamt keine 300 Km, dann beachtete ein Golf GTI die Vorfahrt nicht, rausche rechts vorn in den Renault. Der Golf-Fahrer stieg aus, schlug Hannes K.O. und machte sich davon. Nach 2 Tagen Krankenhaus durfte Hannes den Totalschaden bewundern. Er verhökerte den Wagen für 200 Mark, kaufte sich ein Fahrrad und fuhr nun damit 11 Monate lang tägliche 20 Km zu seiner Zivi-Stelle hin und zurück. Hätte Hannes nur eine Woche später seinen Dienst angetreten, hätte der von der Zivildienstzeitverkürzung profitieren können, welche ganze nebenbei einen pünktlichen Beginn seines Studium ermöglicht hätte. Hannes nahm's mit Humanität "ich helfe gern, die alten Leute mögen mich, ihr Leben ist mit mir bestimmt ein bisschen besser" So musste Hannes 5 Monate für einen Hungerlohn Pizza-Kurier spielen. Hannes nahm's mit Engagement "ich bringe den Kunden ihr heißersehntes Essen und rieche jeden Tag leckere Pasta" Als dann endlich das Studium beginnen konnte, zog Hannes in eine 4er WG, preiswerte Unterkunft, 3 Frauen, alles Lesben. Hannes nahm's mit Humor "Wer kann schon sagen, dass er mit 3 Frauen zusammenwohnt, die sich Morgens erstmal wachküssen?" Weniger lustig fand der den Diebstahl seines PCs, seines Fahrrads und seiner Stereo-Anlage. "Olya" verschwand mitsamt des Equipments nach Ungarn und Hannes suchte sich eine neue WG. Silvester 2001 feierte er in Berlin bei seiner Freundin, so musste er nicht miterleben, dass seine Bude abfackelte. Eine Rakete setzte alles in Brand. Die Versicherung zahlte nur den kümmerlichen Zeitwert. Hannes nahm's mit Optimismus "musste eh mal aufräumen". 3 Tage später machte seine Freundin per SMS Schluss. Hannes nahm's sachlich "Wer so was macht, wäre eh nix für mich. Das hätte früher oder später eh so kommen müssen" Hannes erledigte sein Grundstudium in 3 Semestern, bekam sogar ein schönes Praktikum. Leider ging die Firma pleite und Hannes musste sich ein 2. Praktikum suchen. Dummerweise gab es einen Vandalismus-Akt, die Firma war platt. So musste Hannes wieder auf die Suche gehen. Durch einen glücklichen Zufall gelangte er an eine Call-Center-Firma und konnte die restliche Zeit abarbeiten. Der Chef jedoch veruntreute Firmengelder, Hannes bekam seinen Lohn von 300€ nicht. Er nahm's mit Ironie "die wären eh Pleite gegangen und zumindest steht das Gebäude noch". Hannes machte eine Sprachreise nach Kanada. Kaum war er da, wurde er beraubt. Es gab an diesem Tag exakt 2 Raubüberfälle in Montreal: ein Drogendealer und ... Hannes. Er nahm's mit Stolz "Wow! Ich war an 50 % aller Überfälle beteiligt" Nach 2 Wochen kam der Vater seiner Gastfamilie bei einem Autounfall ums Leben. Hannes nahm's väterlich "Kümmere ich mich halt um die Kids, ich helfe gern" Als Hannes wieder nach Deutschland kam, durfte er feststellen, dass sein Handy gestohlen war und monatliche Kosten von 200€ verursachte. Hannes nahm's sportlich "Ich bekomme zwar nur die Hälfte wieder, aber irgendjemand konnte ich bei irgendjemand anderem mal so richtig ausheulen" Vor kurzem wurde im PC-Shop, wo Hannes arbeitet, eingebrochen. Es wurde genau ein PC geklaut, nämlich der, den sich Hannes gerade zusammengebaut hatte. Ärgerlich vor allem, weil Hannes einen Pentium4, der bei Standard VCore auf 3,4GHz zu übertakten ging, sehr günstig ersteigert hatte. Hannes nahm's mit Herausforderung "dann geh ich halt wieder auf Schnäppchensuche und vielleicht bekomme ich ja sogar einen Pentium, der sich noch besser übertakten lässt" So, ich werde jetzt mal ins Uni-Klinikum gehen, auf die Chirurgie, Hannes besuchen. Sein Netzteil explodierte und Hannes erschrak sich darauf sehr, er fiel beim Fensterputzen aus dem 2. Stock. Eine Rippe, das rechte Schienbein und ein Handgelenk gebrochen. Hannes nahm's mit einem Lächeln hin "beim Sturz habe ich einen gerade auf der Flucht befindlichen Taschendieb gestellt, die bestohlene ältere Frau kommt mich jeden Tag besuchen und bringt selbstgebackenen Kuchen mit" MFG IVI C2004 |