manchmal sollte man auch nicht mal mehr Phoenix schauen

Sonntag, Highnoon, Zeit für den Presseclub bzw. den Internationalen Frühschoppen – zwo Klassiker im sonntäglichen Programm. Beide Sendungen sind nichts für Fans von Polit-Talkshows, weil hier Journalisten auftreten und keine Parteigenossen, wobei das eine ja das andere nicht ausschließt, aber wenn Tissy Bruns und Hans Leyendecker, Wolfram Weimer und Co. sich Wortgefechte liefern, sieht man, dass der Blick der Journalisten doch oftmals gar nicht so getrübt ist, wie man es von der Springerpresse ja gewohnt ist. Was nun aber in der letzten Sendung (6. März) zu vernehmen war, stimmt dann doch betrüblich, um nicht zu sagen „macht wütend“.

Roland Tichy, seines Zeichens  Chefredakteur der Wirtschaftswoche und in früheren Zeiten unter Kohl Mitarbeiter im Planungsstab des Kanzleramtes sowie 2004 zum „TV-Star“ geworden durch seine Auftritte im Intellektuellenformat „Big Boss“ (RTL, an der Seite von Rainer Calmund), kam oft und lang zu Wort – und das ist nicht gut!

Das Thema der Sendung war natürlich die Causa Guttenberg und hier äußerte Tichy nicht nur provokante Thesen, sondern er lieferte auch einen Abriss seiner Ideologie ab: er stellte die Wehrpflicht als ein „linkes Konzept“ dar, weil es sich ja um eine „Armee des Volkes“ handeln würde und der Adel damit ja nichts zu tun hätte. Dass nun gerade Adenauer, den wir alle ja als extremen Linken kennen, sich einst vor die Medien stellte und die Wiederaufrüstung negierte, während in Andernach am Rhein bereits die Vorbereitungen auf Vollgas liefen und ein Kurt Schumacher, ein ganz rechter Gesell, sich (wie die ganze SPD) vehement gegen eine neue bundesdeutsche Armee aussprach, und dass der Adel (in Form der Monarchie) über Jahrtausende hinweg die Armee in allen erdenklichen Formen unterstützte, gar aufbaute, weiß Tichy womöglich nicht – oder aber er ignoriert es ganz bewusst.  Annette Schavan, eine dieser „wütenden Konservativen“, wurde von Tichy als Triebfeder für zu Guttenbergs Abgang bezeichnet, gegen Oscar Lafontaine wäre zG gar ein Unschuldslämmchen, die „Linken“ packte Tichy in die Stalinismuskiste, echauffierte sich über eine Doppelmoral der Medien, die sich darin zeigt, erst Politiker zu bejubeln, dann aber Konservative „grundsätzlich zu schlachten“. Tichy beschwor die Gefahr des Populismus herauf, bot anschließend unglaubliches Insiderwissen auf, in dem er sich über die vor allem in den Bereichen Soziologie, Politologie und Juristerei herrschende „grauenhafte“ Qualität von Doktorarbeiten mokierte und stellte ein für alle mal klar, dass zG seine größte Leistung gezeigt hätte, als er den Krieg in Afghanistan als Krieg bezeichnete.

Es ist seit langem bekannt, dass (Volks)Wirtschafler und Geisteswissenschaftler nicht unbedingt die größten Freunde sind, sie betrachten Phänomene auf unterschiedliche Arte und Weise, mit anderen Intensionen versehen, deshalb sollte der „normale“ Geisteswissenschaftler sehr vorsichtig sein, wenn er sich in die Sphäre der Ökonomie begibt, so wie der „normale“ Ökonom ebenso vorsichtig sein sollte, wenn der sich der Philosophie und der Politologie annähert. Herr Tichy liefert hierfür den besten Beweis – das Trampeltier der Ökonomie plättet nicht nur Konten und Konkurrenten, sondern auch die geschichtlichen Fakten und den Glauben an die Erkenntnisfähigkeit.